© Ofir Berman für DIE ZEIT
Israel: Ein Augenblick der HoffnungDie Buhrufe gegen Netanjahu in Tel Aviv waren zwar nur eine Momentaufnahme. Doch sie zeigen: Frieden ist plötzlich eine machtvolle Idee in Israel.
12. Oktober 2025, 16:41 Uhr
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Samstagabend, gegen 22.30 Uhr, auf dem Geiselplatz in Tel Aviv. Vor einer guten halben Stunde ist die Riesenkundgebung zu Ende gegangen, auf der Donald Trumps Sondergesandter Steve Witkoff, der Präsidentenschwiegersohn Jared Kushner und Trumps Tochter Ivanka für die bevorstehende Freilassung der von der Hamas verschleppten Israelis gefeiert wurden. Unter einem Baldachin auf dem sich leerenden Platz haben junge Leute ein paar Plastikstühle zusammengeschoben und reden. Wird das Kriegsende wirklich Frieden bringen? Kann Premierminister Benjamin Netanjahu vom Ende der Geiseltragödie profitieren oder geht seine Zeit jetzt zu Ende? Was für ein Israel wird aus alledem hervorgehen?
Plötzlich unterbricht einer aus der Runde sich selbst beim Reden, zeigt in eine Ecke des Platzes und sagt: "Schaut mal, Einav Zangauker lächelt." Einav Zangauker, Mutter des entführten Matan, gehört unter den Geiselangehörigen zu den engagiertesten und prominentesten; der Gesichtsausdruck, mit dem sie dem Land vor Augen steht, ist angespannt. Aber gestern, für den Augenblick zumindest, war der Druck gewichen.
Das dürfte die beherrschende Stimmung in ganz Israel sein. Auch wenn der jüngst bekannt gewordene Suizid von Roi Shalev, einem Überlebenden des Nova-Festivals, bewusst gemacht hat, dass das Trauma des 7. Oktober 2023 letztlich nicht zu bewältigen ist. Die Erinnerung an den Schock des Terrorangriffs ist auch jetzt, im Augenblick der Waffenruhe und der zum Greifen nahen Geiselbefreiung, präsent bei den Gesprächen auf dem Geiselplatz. Nichts ist vergessen oder auch nur verblasst. Trotzdem wirkt die Atmosphäre nicht nur hoffnungsvoll, sondern befreit.
© Lea DohleNewsletter
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Freude und Schmerz sind in diesen Tagen untrennbar vermischt. Eine Freundin schickt eine WhatsApp-Nachricht, in der sie an die Familien der Ermordeten des 7. Oktober, der getöteten Geiseln und der gefallenen Soldaten erinnert. Das Kriegsende bedeutet für sie nicht das Wiedersehen mit ihren Liebsten, sondern den Beginn einer Zeit, in der sie sich mit ihrem Verlust wahrscheinlich mehr und mehr allein fühlen werden. Ja, sagt eine Besucherin auf dem Geiselplatz, eine ältere Dame aus einem Kibbuz im Norden des Landes, das sei furchtbar. Doch was jetzt passieren werde, die Heimkehr der Verschleppten, genau dafür hätten die gefallenen Soldaten ihr Leben gegeben. Ihr Tod, so sieht sie es, sei bitter, aber nicht sinnlos.
Niemand kann im Augenblick sagen, ob sich aus der Waffenruhe und der Geiselfreilassung eine echte friedenspolitische Perspektive für den Nahen Osten ergeben wird. Doch unter den Bürgerinnen und Bürgern, die sich in diesen Tagen auf dem Geiselplatz versammeln, ist ein starkes Bedürfnis in diese Richtung spürbar. Sie sind zwar kein repräsentativer Querschnitt der Nation. In die Buhrufe, die am Samstag erklangen, als Steve Witkoff zu einem Lob für Netanjahu ansetzte, hätten viele Israelis nicht mit eingestimmt; und auch ein Oppositionspolitiker wie der frühere Generalstabschef und Verteidigungsminister Benny Gantz hat die lautstarken Protestäußerungen kritisiert. Das Publikum auf dem Geiselplatz steht links vom Schwerpunkt der israelischen Politik.
Aber es ist durchaus keine marginale gesellschaftliche Gruppe. Seit Langem befürwortet nach allen Meinungsumfragen eine Mehrheit der Bevölkerung ein Ende des Krieges, wenn damit die Befreiung der Geiseln erreicht wird. Trump, der nicht nur die Hamas, sondern auch Netanjahu zur Waffenruhe gezwungen hat, genießt Heldenstatus im ganzen Land. Es ist unklar, ob es nachhaltigen Frieden geben wird, es mag sogar unklar sein, was Frieden eigentlich heißt – aber Frieden ist plötzlich eine machtvolle Idee in Israel.
Und so ist es vielleicht doch bedeutsam und ein Hinweis auf künftige Chancen, wie die Menge auf dem Geiselplatz reagierte, als Jared Kushner das Leiden der palästinensischen Zivilisten in Gaza erwähnte, das nun endlich aufhören werde. Die Bemerkung löste keinen Jubel aus, wie regelmäßig die Erwähnung des Namens Trump. Aber Beifall, unüberhörbaren Beifall, gab es doch.
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