zwei Tage noch bis zur Bürgerschaftswahl, ein guter Moment, einmal in Ruhe zu sortieren.
Dennis Thering, Spitzenkandidat der Hamburger CDU, hat am Donnerstag eine Koalition mit den Grünen ausgeschlossen. Die Grünen müssten nach der Wahl auch in Hamburg in die Opposition, sagte Thering am Abend im NDR. Mich überraschte diese Festlegung, ich hatte Thering zuvor so verstanden, als wolle er Erster Bürgermeister werden. Denn zwar zeigte er sich offen für ein Bündnis mit der SPD. Das aber hatte SPD-Spitzenkandidat Peter Tschentscher am Vortag quasi abgeräumt, als er der CDU die Regierungsfähigkeit absprach und der Partei eine "zukunfts- und hamburgfeindliche Blockadehaltung" attestierte.
Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Fegebank möchte lieber mit der SPD koalieren als mit der CDU, hatte die letztere Variante aber nie ganz ausgeschlossen. War diese Aussage Therings, zweifellos gerichtet an die eigenen Wählerinnen und Wähler, der entscheidende taktische Fehler, der ihn die letzte Chance auf das Bürgermeisteramt kostet? Eher nicht. In der aktuellsten Umfrage des Instituts Insa steht Therings CDU bei 17 Prozent, die Grünen bei 16 – damit das zur absoluten Mehrheit reicht, müsste die SPD schon an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, und damit ist eher nicht zu rechnen. Aktuell steht die SPD bei 32 Prozent – und ja, das bedeutet, dass es für Rot-Grün noch knapper werden könnte als für Rot-Schwarz. Dann müsste eine dritte Partei dazu, etwa die Linke – und ein solches Bündnis hat seinerseits Tschentscher ausgeschlossen.
Klar, das gehört im Wahlkampf zum Geschäft. Ich habe mit dieser Vorab-Ausschließerei trotzdem Schwierigkeiten – wenn ich mich auf einen richtig guten Job bewerbe, laufe ich doch auch nicht vorher wochenlang durch das Unternehmen und rufe ungefragt in die Büros, mit wem ich, sollte ich den Job bekommen, garantiert nicht zusammenarbeiten werde. "Show, don’t tell", lautet eine alte Regel im Journalismus, ich finde, die passt auch in die Politik.
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Am Sonntagabend berichten wir auf ZEIT ONLINE über den Wahlabend und analysieren die Ergebnisse. Schauen Sie doch mal vorbei, das würde uns freuen.Und dann noch eine persönliche Bitte: Gehen Sie wählen. Denn mit dem Wahlergebnis müssen in den nächsten fünf Jahren nicht nur Tschentscher, Fegebank und Thering leben, sondern Sie und ich auch.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!
Ihr Florian Zinnecker
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WAS HEUTE WICHTIG IST
Der Warnstreik für Beschäftigte im öffentlichen Dienst hat den Containerschiffsverkehr auf der Elbe lahmgelegt. Weil der sogenannte Lotsenversetzdienst streikt, der die Lotsen an Bord der Schiffe bringt, konnten lotsenpflichtige Schiffe den Hafen seit Mittwochabend nicht mehr anlaufen oder verlassen, sagte ein Sprecher der Hamburger Port Authority. Wie viele Schiffe deshalb in der Nordsee warten müssen, ist nicht bekannt. Auch das Bodenpersonal des Hamburger Flughafens hat die Arbeit niedergelegt, der Streik soll dort noch bis heute Abend andauern. Betroffen sind insbesondere die Passagier- und Gepäckabfertigung sowie die Sicherheitsdienste.
Die Veranstalter der Digital- und Marketingmesse OMR haben vertraglich garantiert, das OMR-Festival in den nächsten zehn Jahren weiterhin in den Hamburger Messehallen auszurichten. "Das freut uns irrsinnig. Das ist für die Stadt ein wirklich tolles, wichtiges Zeichen und hebt uns auf die Landkarte", sagte Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD). In diesem Jahr findet die Messe am 6. und 7. Mai statt. Erwartet werden nicht nur Entscheider und Macher der wichtigsten Digitalfirmen der Welt, sondern auch Prominente wie beispielsweise Dirk Nowitzki.
Zum diesjährigen Matthiae-Mahl erwartet der Senat die EU-Kommissarin für Wettbewerb Teresa Ribera und die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer als Ehrengäste. Im Mittelpunkt des traditionellen Mahls am kommenden Dienstag im Rathaus stehe die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen und deutschen Wirtschaft in der geopolitischen Zeitenwende, teilte der Senat mit. Das Matthiae-Mahl ist seit 1356 historisch belegt und gilt damit als das älteste noch begangene Festmahl der Welt. Zu dem Mahl werden 400 Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur eingeladen.
In aller Kürze
• Zum Wahlkampfabschluss für die Bürgerschaftswahl erwartet die CDU heute Abend ihren Bundesvorsitzenden und Kanzlerkandidaten Friedrich Merz; die Grünen wollen mit Außenministerin Annalena Baerbock und der früheren Parteichefin Ricarda Lang bei den Wählerinnen und Wählern punkten
THEMA DES TAGES
© Maximilian Probst für DIE ZEIT"Dass ich das Wahlprogramm runterbete, erwartet zum Glück niemand"
Nahezu alle Parteien verzeichnen derzeit besonders viele Neueintritte. Was treibt die Menschen gerade jetzt zur SPD, zur FDP, zu den Grünen oder den Linken? Das Hamburg-Ressort der ZEIT hat mit sieben neuen Parteimitgliedern aus Hamburg gesprochen, lesen Sie hier Christoph Heinemanns Protokoll von Jörg Jessen (in unserm Bild rechts).
"Ich fühlte mich den Werten der SPD immer verbunden und stand der Partei nahe, fand aber neben der Arbeit zu wenig Zeit, mich zu engagieren. Es gab dann zwei Gründe, doch einzutreten: Einer war das Erstarken der AfD. Zweitens hoffe ich, der SPD in der Digitalpolitik weiterhelfen zu können. Da fehlt es, wie in ziemlich allen Parteien, an Kompetenz.
Mein Eintrittsformular habe ich in der Kreisgeschäftsstelle ausgefüllt. Mir hat die Atmosphäre gefallen, dieses Bodenständige, und dass man sich in der SPD direkt duzt. Nun gehe ich zwei- bis dreimal im Monat zu Parteitreffen, nehme auch an Vorstandssitzungen im Kreisverband teil und mache Tür-zu-Tür-Wahlkampf. Die meisten Menschen sind aufgeschlossen, selbst wenn sie die SPD nicht mögen. Nur manchmal sagt jemand, er wähle die AfD, vielleicht auch als Provokation.
Ich fühle mich am richtigen Platz. Die solidarischen Werte der SPD werden umso wichtiger, je mehr die AfD versucht, unsere Demokratie zu vergiften und die Gesellschaft zu spalten. Besonders spannend finde ich, dass in unserem Wahlkreis der Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt für den Bundestag kandidiert hat. Er hat tiefe Einblicke in die Entscheidungen auf der höchsten politischen Ebene. Durch ihn habe ich noch besser verstanden, wie man politische Kompromisse findet.
Sicher ist Olaf Scholz nicht besonders beliebt, und die Partei steht auf Bundesebene nicht gut da. Aber in Hamburg ist das anders. Und nachdem ich den Bundeskanzler neulich bei einer Veranstaltung live erlebt habe, muss ich sagen: Seine Art mag manchmal gewöhnungsbedürftig sein, aber ihn interessieren die Sorgen der Bevölkerung."
Jörg Jessen, 62, Digitalunternehmer, ist gerade der SPD beigetreten
In welche Partei die Frau links im Bild eingetreten ist und warum, lesen Sie – wie auch fünf weitere Protokolle – in der vollständigen Fassung des Beitrags auf ZEIT ONLINE.
DER SATZ
© Moritz Schorpp für DIE ZEIT"Es steht perfekt an der Stelle, an der es steht, aber es ist doch irgendwie traurig, wenn so ein Instrument nicht gespielt wird."
Seit Monaten versucht die Hamburger Schriftstellerin Isabel Bogdan vergeblich, ihr 100 Jahre altes Klavier zu verschenken. Warum das viel schwieriger ist als gedacht, lesen Sie hier.
MAHLZEIT – Die Gastrokritik
Es gibt Gerichte, von denen eine unheilvolle Anziehung ausgeht, etwa der Toast Hawaii. Das Karo & Paul traut sich, den Running Gag der Wirtschaftswunderküche auf die Karte zu setzen. Das Restaurant im Grünen Bunker nimmt endlich den vollen Betrieb auf – offenbar ohne den Fernsehkoch Frank Rosin, der bis vor Kurzem noch als Berater firmierte.
Es ist nicht ganz leicht, den Weg nach oben zu finden. Doch es lohnt sich: Der Blick auf das Heiligengeistfeld ist toll. Und die eklektische Einrichtung des halbrunden Raums mit Betonsäulen und Oma-Stehlampen lenkt zumindest nicht davon ab.
Offeriert werden kleine Teller, die sich zum Teilen eignen; hier heißen sie "Bunker Bites". Das Überraschungsmenü mit vieren davon ist mit 55 Euro fair berechnet. Und man merkt den neo-rustikalen, teils norddeutsch inspirierten Gerichten an, dass die Köche ihre Arbeit verstehen. Ob man den Stil mag, ist eine andere Frage. Das, laut Werbung, "beste Futter" präsentiert sich arg kraftvoll. Die Makrele wird geflämmt, überzogen mit Chorizoschaum und durch eine confierte Kirschtomate noch weiter aufgeladen. Da muss man schon durchamten, wenn danach auch noch ein Teller Birne, Bohne & Speck kommt. Als Speck firmiert hier angenehm krosser, aber sehr fetter Schweinebauch. Danach wünscht man sich, man wäre bei den Hobbyfußballern unten auf dem Platz und könnte ein paar Kalorien abtrainieren.
Dem Toast Hawaii mag man das nicht vorhalten; da gehört das Überladene ja zum Rezept. Und tatsächlich ist das der charmanteste Gang an diesem Abend: eine fast dessertartige Komposition mit gegrillter Brioche, gereiftem Hartkäse, Katenschinken und nur einer feinen Scheibe frischer Ananas. Nicht zu vergessen: die unvermeidliche, pappsüße Cocktailkirsche.
Michael Allmaier
Karo & Paul, Feldstraße 66, St. Pauli. Tel. 808 141 109
DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN
Zum Weltfrauentag am 8. März zeigt die Theaterakademie der Hochschule für Musik und Theater mit der Abschlussarbeit von Leonie Sauermann eine musikalische Adaption von "Ronja Räubertochter". Astrid Lindgrens Geschichte über Angst und das Dunkle verbindet sie mit klassischer Musik von Felix Mendelssohn, Fanny Hensel und Gabriel Fauré und lässt die Protagonistin immer wieder episodenhafte Abenteuer im Wald erleben. Ab 15 Jahren
"Ronja Räubertochter und die great depression", 8.3., 19.30 Uhr, 9.3., 17 Uhr; Forum der Hochschule für Musik und Theater, Harvestehuder Weg 12; Tickets gibt es telefonisch hier: 040–45 33 26 und 040–44 02 98 oder hier online
MEINE STADT
Und du so am Wochenende, Hamburg? © Kerstin BittnerHAMBURGER SCHNACK
Ich jogge eingemummelt mit olivfarbener Mütze und olivfarbenem Halstuch über Mund und Nase an einer jungen Familie vorbei. Ruft der Dreikäsehoch auf seinem Laufrad: "Papa, ich habe einen Räuber gesehen!"
Gehört von Julia Rauner
DIE HEUTIGE AUSGABE ZUM VERTIEFTEN LESEN
"Dass ich das Wahlprogramm runterbete, erwartet zum Glück niemand" (Z+) – Nahezu alle Parteien verzeichnen besonders viele Neueintritte. Was treibt die Menschen gerade jetzt zur SPD, zur FDP, zu den Grünen oder den Linken? Sieben Protokolle
Wegwerfen wäre schwierig (Z+) – Wie die Schriftstellerin Isabel Bogdan seit Monaten vergeblich versucht, ihr 100 Jahre altes Klavier zu verschenken.
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