von der Leuchtschrift ist nur noch ein Schatten geblieben. Acht verwaschene Umrisse von Buchstaben an der beigegrauen Fassade: K-A-R-S-T-A-D-T.
Im Sommer 2023 machte das Kaufhaus in Harburg dicht. Nach einer fast hundertjährigen Geschichte, die in einem "langen Siechtum" mündete, so formulierte es gestern Dierk Trispel, der stellvertretende Bezirksamtsleiter in Harburg. Danach stand das Gebäude leer. "Nun gibt es eine Chance, hier was Neues entstehen zu lassen", sagte Trispel, "vielleicht sogar etwas Besseres, auf jeden Fall etwas Besonderes."
Leer stehende Kaufhäuser gibt es in vielen deutschen Städten. Und viele Stadtverwaltungen experimentieren damit, was man mit diesen Häusern anstellen kann. In der Hamburger Innenstadt bietet das frühere Karstadt-Sport-Gebäude seit zweieinhalb Jahren eine Heimat für Galerien, Partys und kreative Projekte (mehr dazu hier, Z+). Es wurde umgetauft in "Jupiter", denn gleich nebenan liegt Saturn. Leider heißt Saturn inzwischen MediaMarkt, was dem Witz die Pointe raubt. Südlich der Elbe haben sie sich mit der Namensgebung nicht lange aufgehalten. Das alte Karstadt-Gebäude heißt dort nicht "Neptun", "Pluto" oder "Kepler-452b", sondern: "Planet Harburg".
Der erste neue Nutzer hat gestern seine Türen geöffnet: Im Erdgeschoss befindet sich jetzt eine Dependance des Stadtmuseums. Das Stadtmuseum Harburg ist aus historischen Gründen Teil des Archäologischen Museums, hatte aber seit vielen Jahren keine festen Ausstellungsräume – bis jetzt. Auf 400 Quadratmetern im Planet Harburg gibt es Platz für Ausstellungen sowie einen Veranstaltungssaal mit 120 Plätzen. Dort sollen bald auch Vorträge und Kinoabende stattfinden.
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Bei meinem Besuch war ich gestern überrascht. Ich hatte einen provisorischen und improvisierten Charme à la Jupiter erwartet. Stattdessen sah alles sehr professionell aus. Der Museumsdirektor Rainer-Maria Weiss und der Stadthistoriker Jens Brauer ließen im alten Kaufhaus Trennwände einziehen, im Vortragssaal wurde neue Technik verbaut, es gibt jetzt sogar einen eigens geschaffenen Sanitärbereich, mit frisch verlegten, makellos sauberen Fliesen.
Möglich ist das alles, weil es sich, anders als beim Jupiter, nicht um eine Zwischennutzung handelt. In Harburg hat die Stadt das alte Karstadt-Gebäude gekauft, für einen "zweistelligen Millionenbetrag", wie Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sagt. Die Sorge, dass ein Investor das Areal ersteht und verfallen lässt, war nach entsprechenden Erfahrungen nördlich der Elbe offenbar groß (Stichwort: Holstenquartier, Essohäuser, Elbtower). Zusätzliche 300.000 Euro wurden dem Archäologischen Museum für den Umbau und die Einrichtung gewährt.
Zugleich sollte man von der Ausstellung nicht zu viel erwarten. Sie erzählt in mehreren Kapiteln davon, wie sich Harburg verändert hat. Es gibt viele Fotos und Wandtexte, die teilweise schon in ähnlicher Form als Sonderausstellungen im Archäologischen Museum zu sehen waren, aber leider nur recht wenige historische Sammlungsobjekte.
Das liegt zum einen daran, dass diese Museumzweigstelle in rasantem Tempo entstanden ist. Zwischen den ersten Gesprächen Ende September und der gestrigen Eröffnung sind keine fünf Monate vergangen. Zum anderen entsprechen die Sicherheit und Klimatisierung im alten Kaufhaus sicherlich nicht Museumsstandards. Das würde noch größere Umbauten erfordern und – wegen der Personal- und Betriebskosten – dauerhaft höhere Zuwendungen von der Stadt. Kann ja beides noch kommen.
Die Museumsdependance ist also mehr als ein bloßer Pop-up, aber weniger als ein "richtiges" Museum. Vor allem ist es ein starker Auftakt für den Planeten Harburg. Weitere Nutzer sollen folgen, 6.600 Quadratmeter stehen noch leer.
Übrigens, die Öffnungszeiten sind Mittwoch bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei. Und falls Sie die Reise auf den Planeten morgen am späten Nachmittag antreten, könnten Sie anschließend noch zur Eröffnung im Kunstverein Harburger Bahnhof.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!
Ihr Oskar Piegsa
PS: Achtung, Achtung, eine Änderung im Betriebsablauf: Die neue Ausgabe der Hamburgseiten der ZEIT erscheint bereits heute. Normalerweise gibt es sie immer erst am letzten Donnerstag in der gedruckten und digitalen Ausgabe der ZEIT. Doch jetzt haben wir sie vorgezogen, passend zur vorgezogenen Bundestagswahl. In der Titelgeschichte geht es um die Fragen, welche ihrer Wahlversprechen die Parteien in Hamburg lösen können und wo die nächste Bundesregierung ranmuss. Und falls Sie noch unentschieden sind – auch dafür hätten wir was.
Wollen Sie uns Ihre Meinung sagen, wissen Sie etwas, worüber wir berichten sollten? Schreiben Sie uns eine E-Mail an hamburg@zeit.de.
WAS HEUTE WICHTIG ISTDie Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten hat vor einer Wahl der AfD gewarnt. Es gehe ihr um den "sozialen Zusammenhalt und die Verteidigung einer kritischen Geschichtskultur", heißt es in dem Aufruf. In vielen Staaten der Welt würden extrem rechte Parteien schrittweise die politische Kultur vergiften und Bildung und Wissenschaft einschränken. In Deutschland gingen solche Bestrebungen von der AfD aus. Zu den Unterzeichnern gehören die Leiter der Gedenkstätten Bergen-Belsen, Buchenwald, Sachsenhausen, Dachau, Flossenbürg, Mittelbau-Dora, Ravensbrück sowie der Hamburger Gedenkstätte Neuengamme.
© Axel Heimken/dpaAb sofort gelten strengere Regeln für E-Scooter. Wer sie verkehrsbehindernd abstellt, riskiert ein Bußgeld, teilte die Verkehrsbehörde mit. Müssen städtische Beschäftigte oder die Polizei einen E-Roller oder ein Leihrad umstellen, wird zudem der Anbieter zur Kasse gebeten. Außerdem steigen die Sondernutzungsgebühren für die vier Leihunternehmen Bolt, Dott (früher Tier), Lime und Voi. Mit den Einnahmen soll der Bau von Abstellflächen gefördert werden. Die Linksfraktion in der Bürgerschaft regte an, über ein Verbot der Leihroller nachzudenken, sollten die neuen Regeln zu keiner Besserung auf den Gehwegen der Stadt führen.
Die Ärztinnen und Ärzte in Hamburg sind beim Verschreiben von Antibiotika bundesweit am sparsamsten. Das zeigt eine Untersuchung der Krankenkasse AOK. Demnach kamen im Jahr 2023 auf tausend Patienten 328 entsprechende Rezepte. Der Bundesschnitt liegt bei 486. Sorgen bereitet der AOK jedoch der hohe Anteil von Reserveantibiotika an den Verschreibungen. Hamburg liegt hier mit 43,3 Prozent fast exakt beim Bundesschnitt. Reserveantibiotika gelten als letzte Therapiemöglichkeit, wenn herkömmliche Antibiotika nicht mehr wirken. Ihre Nutzung riskiert, dass sich bei den zu bekämpfenden Bakterien weitere Resistenzen bilden.
In aller Kürze• Im vergangenen Jahr gab es 1.209 Zwangsräumungen von Wohnungen, das sind 20 Prozent mehr als 2023 • Es soll eine neue Wache für die freiwillige Feuerwehr in Barmbek gebaut werden, das lässt sich die Stadt rund 10 Millionen Euro kosten • Aus den Polizeimeldungen: Im Hauptbahnhof ist gestern eine Frau mit ihrem Rollator in ein Gleis gestürzt und hat sich verletzt. Die Polizei hat am Flughafen zwei gesuchte Männer gefasst. Und der 25-Jährige, in dessen Wohnung in Hoheluft-West eine Frauenleiche gefunden wurde, ist nun in Haft. Die Identität der Frau ist laut Polizei nicht abschließend geklärt
THEMA DES TAGES Ein Abschiebelager im Wattenmeer?!Die Hamburger AfD will Asylbewerber auf einer kleinen Insel unterbringen – das Vorbild für den Plan ist offenbar frei erfunden. Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Artikel von ZEIT:Hamburg-Redakteur Christoph Heinemann.
Nur 40 Menschen leben auf der drei Quadratkilometer großen Insel Neuwerk in der Nordsee vor Cuxhaven, und die haben gerade ihre eigenen Sorgen: Der Leuchtturm steckt in einer Generalsanierung. Die Betreiber der wenigen Gaststätten finden kaum noch Nachfolger. Generell hängt über Neuwerk die Frage, wie lange noch genügend Besucher kommen.
In der fernen Großstadt Hamburg, zu der die Insel historisch bedingt gehört, will der rot-grüne Senat deshalb mehr Geld in Neuwerk investieren. Die AfD plant im unwahrscheinlichen Falle eines Siegs bei der Bürgerschaftswahl am 2. März etwas Radikaleres: Sie möchte Neuwerk zu einer Art Gefängnisinsel für Asylbewerber umwidmen, angeblich zu ihrem Schutz, aber auch dem der Allgemeinheit.
In ihrem Wahlprogramm schreibt die Partei: "Unser nördlicher Nachbar Dänemark hat äußerst positive Erfahrungen mit der zentralen Unterbringung von Asylbewerbern gemacht." Und: "Vor allem illegale Migranten bringt die sozialdemokratische Regierung Dänemarks auf der Ostseeinsel Lindholm unter." Auf Nachfrage, was das genau bedeute, schreibt der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bürgerschaftsfraktion, Krzysztof Walczak: "Hamburg hat mit Neuwerk ja auch eine eigene Insel." Er ergänzt, dass die Unterbringung, genau wie in Dänemark, "natürlich menschenwürdig" gedacht sei.
Es soll hier nicht darum gehen, ob die AfD das ernst meinen kann. Oder wie der Vorschlag zu einer Partei passt, die sich sonst vor Überfremdung einzelner Ortschaften fürchtet. Sondern darum, was der Vorschlag über die AfD und ihren Kurs aussagt, gerade in Hamburg, einer liberalen Stadt, in der sich auch die Rechtspopulisten lange bürgerlich gaben. Nun steht die AfD selbst hier in Umfragen bei etwa zehn Prozent – und schert sich im Glauben, auch in Hamburg mit extremen Plänen gegen Asylbewerber erfolgreich sein zu können, nicht mehr groß um die Wahrheit.
Wie das angebliche dänische Vorbild der Überprüfung nicht standhält, lesen Sie weiter in der ungekürzten Fassung auf ZEIT ONLINE.
DER SATZ © Jonas Wresch/ZEIT ONLINE"Es gibt ein Zeitfenster, in dem die Munition geräumt werden kann. Solange sie noch nicht vollständig zerfallen ist, noch nicht all ihr Gift ans Meer abgegeben hat."
Der Meeresboden von Nord- und Ostsee ist ein Schrottplatz für Panzerfäuste, Bomben und Granaten. Die Waffen wurden nach dem Zweiten Weltkrieg versenkt – und müssten dringend weg von dort unten. Einen Bericht aus der Lübecker Bucht lesen Sie hier.
DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUENDas Literaturhaus feiert Bücher, die Geschichten erzählen auch ohne viel Worte: Vom 3. bis 6. März finden wieder die Graphic-Novel-Tage statt. Der Journalist Andreas Platthaus hat das Programm entwickelt und moderiert, erwartet werden deutsche und internationale Comic-Zeichner.
Graphic Novel Tage, 3.–6.3., Literaturhaus, Schwanenwik 38; die Veranstaltungen können auch im Stream verfolgt werden; Tickets und weitere Infos
MEINE STADT Goldene Bögen am Kleinen Grasbrook © Carolin Rankin HAMBURGER SCHNACKEine Frau fragt: "Es gibt einen Container für weißes Glas, einen für braunes und einen für grünes Glas. Ich hatte aber neulich eine blaue Flasche. Wohin damit?" Der Gesprächspartner augenrollend: "Warum kaufst du dir auch blaue Flaschen?"
Gehört von Ulrike Berger
DIE HEUTIGE AUSGABE ZUM VERTIEFTEN LESENZwischennutzung 2.0 (Z+) – Es geht weiter mit der kreativen Zwischennutzung im ehemaligen Karstadt Sports an der Mönckebergstraße. Diesmal geordneter und weniger anarchisch. (Aus dem Archiv, April 2023.)
Hochgestapelt, reingefallen – Hamburgs Politik glaubt, unseriöse Investoren mit Verträgen in den Griff zu bekommen. Doch das Fiasko um den Elbtower zeigt: Das geht nicht. Aus dem Archiv, Dezember 2023.)
Alternative für Dänemark (Z+) – Hamburgs AfD will Asylbewerber auf einer kleinen Insel unterbringen. Dänemark mache das genauso, argumentiert die Partei. Doch das stimmt so nicht.
Zeitbombe im Meer (Z+) – Nord- und Ostsee sind ein Schrottplatz für Panzerfäuste, Bomben, Granaten. Nach dem Krieg wurden sie dort entsorgt. Jetzt müssen sie weg. Und zwar dringend.
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