wir müssen heute über ein Comeback reden. Es ist noch nicht lange her, da sprach ich
mit einem Mitglied der Hamburger Linken über die Lage seiner Partei, und es wirkte, als hielte der Mann seine eigene Trauerrede: "Es kann sein, dass wir erledigt sind."
Sahra Wagenknecht und ihr BSW hatten der Linkspartei führende Köpfe abgeworben, sie in den Hamburger Umfragen eingeholt. Wie sich dieses Bild gedreht hat, sah man am Dienstag im Oberhafenquartier, in der Beat Boutique und im Fundbureau. Beide Clubs waren überfüllt, und davor stand eine Menge von bis zu 2.000 weiteren Menschen.
Der Grund waren die beiden Spitzenkandidaten der Linken im Bund, Jan van Aken und Heidi Reichinnek, die zu einer Wahlkampfveranstaltung gekommen waren. "Wow, ihr wunderschönen Menschen, ich bin beeindruckt", sagte Reichinnek, die plötzlich ein großer politischer Star ist. Sie hat das, was coole Kids heute "Aura" nennen, übersetzt: rund 500.000 Fans bei TikTok. Die Zuschauer im Oberhafenquartier, größtenteils unter 25 Jahren, riefen "Heidi! Heidi!" und wahlweise "Alerta, alerta, antifascista!"
Es sei wie auf einem Popkonzert gewesen, berichtet mein Kollege Christoph Twickel, der vor Ort war: "Das ist offenbar der Teil der Großstadtjugend, für die Wokeness, Gendern und offene Grenzen ganz selbstverständlich sind – und überhaupt kein Gegensatz zu einer sozialen Politik für die kleinen Leute."
Twickel hat sich auch das Wahlprogramm der Linken in Hamburg genau angesehen, die nun wieder bei sehr soliden acht Prozent in den Umfragen steht. Sein Fazit lautet: "Das ist ein ziemlich radikales soziales Reformprogramm. Andererseits merkt man, dass die Linke es auch jeder Bürgerinitiative recht machen will."
© ZONNewsletter
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Da finden sich neben den Klassikern linker Forderungen (Polizeibeschwerdestelle, "Landesmindestlohn" von 15 Euro, keine Abschiebungen mehr) auch der Kampf für eine Straßenbahn und eine Verlängerung der U4 bis ins Wilhelmsburger Reiherstiegviertel. Tempo 30 wird nach Willen der Linken zur neuen Regelgeschwindigkeit
(Durchatmen, lieber Herr Thering – Sie haben die Auflistung jetzt überstanden).
Keine andere Partei würde das alles wohl in einer Koalition mitmachen, aber immerhin eine Idee der Linken erscheint mehrheitsfähig: "Jeder Stadtteil braucht öffentliche Tanzflächen." Wir hätten gern nachgelesen, ob da auch das BSW zustimmen würde, aber es hat in Hamburg noch kein Wahlprogramm. Und im neu gegründeten BSW-Landesverband geht es noch ziemlich wild zu, mehr dazu lesen Sie hier (Z+).
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!
Ihr Christoph Heinemann
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WAS HEUTE WICHTIG IST
© Christian Charisius/dpaDer Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) zur Cum-Ex-Affäre in Hamburg steht vor dem Ende seiner Arbeit. Bereits am Mittwoch tagte das Gremium zum letzten Mal und verabschiedete seinen Abschlussbericht, die Fraktionen können dem Dokument nun noch eigene Bewertungen hinzufügen. Für SPD und Grüne gibt es weiterhin keine Beweise für eine politische Einflussnahme von Olaf Scholz (SPD) auf die Hamburger Finanzverwaltung. Die Oppositionsfraktionen von CDU, der Linken und AfD sehen das anders.
Der Hamburger Verein "Laut gegen Nazis" hat sich die Rechte an der Marke "Döp dö dö döp" gesichert. In Anlehnung an die Melodie des Songs "L’amour toujours" von Gigi D'Agostino werde diese von rechtsextremen Onlineshops als Aufdruck auf Kleidung verkauft, erklärte der Verein. Gegen Händler, die Kleidung mit der Aufschrift weiter verkaufen, leite man ab sofort rechtliche Schritte ein.
Nachricht des Tages
© Daniel Bockwoldt/dpaBei dem 55 Jahre alten Mann, der bei dem schweren Zugunglück am Dienstag am Stadtrand verstorben ist, handelt es sich um den Historiker Thomas Großbölting. Er war an der Universität Hamburg tätig und überregional durch seine Studien zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in kirchlichen Zusammenhängen bekannt geworden.
Großbölting saß an Bord des ICE 613, der mit hoher Geschwindigkeit an einem Bahnübergang in einen Sattelschlepper geprallt ist (Z+). Der 55-Jährige verstarb noch an der Unfallstelle. Bei dem Unglück wurden 24 weitere Menschen verletzt, einige davon schwer.
Die Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH), die der Historiker Großbölting neben seiner Professur leitete, sprach der Familie des Verstorbenen ihr Mitgefühl aus. "Als Direktor hat Thomas Großbölting die Forschungsstelle mit neuen Impulsen und frischen Ideen geprägt", schreiben seine Kolleginnen und Kollegen: "Er hatte noch viel vor." Unter anderem hatte Großbölting die Idee verfolgt, das Hamburger Institut für Sozialforschung, das im Sommer 2028 schließen wird, mit der FZH zu einem neuen Institut zusammenzuführen (Z+). Auch die Dekanin der Fakultät für Geisteswissenschaften an der Uni Hamburg, Silke Segler-Meßner, würdigte Thomas Großböltings Leistungen als Wissenschaftler.
Die Ursache des Zugunglücks ist noch nicht geklärt. Der Fahrer des Lastwagens, der an dem Unglück beteiligt war, ist inzwischen aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden. Gegen den 34 Jahre alten Rumänen wird weiter wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr und des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt. Aus dem Unglück und einem vorherigen Unfall ergeben sich auch Fragen dazu, wie der Bahnübergang gesichert war. Einen aktuellen Artikel von Yannick Ramsel und Tom Kroll dazu lesen Sie bei ZEIT ONLINE (Z+).
In aller Kürze
• Das Zollfahndungsamt Hamburg hat 450 Kilogramm Heroin auf einer Fähre in Lübeck-Travemünde entdeckt und sichergestellt • Fußballbundesligist FC St. Pauli hat ein großes Ziel seiner vor drei Monaten gegründeten Genossenschaft (Z+) erreicht. Nach Angaben des Clubs haben mehr als 16.000 Unterstützer Anteile im Wert von mehr als 20 Millionen Euro gezeichnet, mit dem Geld soll nun die Mehrheit der Anteile am Millerntorstadion übernommen werden • Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat bei einem Besuch in Hamburg das Konzept der sogenannten Quattro-Streifen am Hauptbahnhof (Z+)gelobt. Die Zahl der Gewaltdelikte im direkten Bahnhofsbereich sei um 25 Prozent zurückgegangen
THEMA DES TAGES
© Daniel Bockwoldt/dpaLassen Sie die Tiefgarage weg, dann wird das Haus schon billiger
Ein Drittel weniger Kosten bei Neubauprojekten – das verspricht der Hamburg-Standard, den Hamburger Spitzenpolitiker nun präsentierten. Klappt das wirklich? Der Frage ist ZEIT:Hamburg-Autor Christoph Twickel nachgegangen; lesen Sie hier einen Auszug.
"Der neue Hamburg-Standard soll das Bauen gut und günstiger machen", erklärt der Bürgermeister. Es sei der "lang ersehnte Durchbruch", verkündet die Senatorin. Es ist der große Auftritt der Initiative kostenreduziertes Bauen, die die Stadtentwicklungsbehörde im Mai 2024 angeschoben hatte.
Peter Tschentscher, erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, und Karen Pein, Stadtentwicklungssenatorin, stehen am Montag, dem 10. Februar, im Reimarus-Saal der Patriotischen Gesellschaft im Kreise von einem Dutzend Menschen – Architektinnen und Architekten, Behördenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, Leute aus der Baubranche, von Baugenossenschaften, aus Universitäten und Ingenieurbüros. Alle, so lautet die Botschaft, haben mitgearbeitet an einem Konzept, das die aus dem Ruder gelaufenen Kosten beim Bauen endlich in den Griff bekommt.
10.000 Wohnungen jährlich im Neubau – mit diesem Versprechen regiert die SPD seit 2011 den Stadtstaat. Doch wegen der Kostensteigerungen sind die Genehmigungszahlen in Hamburg seit 2022 auf rund die Hälfte gesunken. Ein Quadratmeter Neubau eines Wohnhauses koste in Hamburg heute durchschnittlich 4.600 Euro, erklärt Pein – die Grundstückskosten nicht mit eingerechnet –, so käme man auf mindestens 18 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. "Das ist der Grund, warum viele Bauvorhaben nicht an den Start gehen", sagt die Senatorin. Man müsse wieder bei 3.000 Euro pro Quadratmeter landen, um zu leistbaren Mieten zu kommen.
Richten soll das nun der Hamburg-Standard, eine Art Mischung aus Handlungstipps für die Bauherrinnen und -herren, Ideen für selbige zum kreativen Umgang mit Bauvorschriften und Zielvorgaben für die Behörden.
Wie der Hamburg-Standard das Problem der Verfügbarkeit von günstigem Wohnraum angehen soll, lesen Sie weiter in der ungekürzten Fassung auf ZEIT ONLINE.
DER SATZ
© Christian Lue/unsplash.com"Der Luftaustausch muss besser werden – Wind, Regen oder Schnee würden helfen."
In der Wetter-App leuchtet es rot; die Luftqualität ist in Deutschland gerade außergewöhnlich schlecht. ZEIT:Hamburg-Redakteur Yannick Ramsel sprach mit Ute Dauert, Expertin vom Umweltbundesamt, über Feinstaub, Luftbewegungen und Verhaltensempfehlungen – das Interview lesen Sie hier.
DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN
Es startet wieder die Konzertreihe "NDR Kultur Foyerkonzerte on tour". Das erste Konzert mit dem Atos Trio findet im Auswanderermuseum BallinStadt statt. Moderiert wird der Abend von NDR-Kultur-Redakteur Ludwig Hartmann.
Wir verlosen fünfmal zwei Karten für das Foyerkonzert am Donnerstag, 20. Februar, ab 18.00 Uhr im Auswanderermuseum BallinStadt. Schicken Sie uns bis morgen, 12 Uhr, eine E-Mail mit dem Betreff "Atos" an hamburg@zeit.de. Die Gewinner werden von uns direkt benachrichtigt. Viel Glück!
MEINE STADT
Nebelbunker © Jan BehrendHAMBURGER SCHNACK
Ankunft mit der S-Bahn am Jungfernstieg: Eine ältere Frau steht mit ihrem E-Bike vor der Treppe hoch zur U1. Gerade will sie das Fahrrad die Treppe hochtragen, als ein junger Mann ihr seine Hilfe anbietet. Sie erwidert: "Nee, vielen Dank. Das ist mein täglicher Kraftsport." Spricht’s, schnappt sich ihr Fahrrad und läuft mit einer bewundernswerten Leichtigkeit die Treppe hoch.
Beobachtet von Irina Tavridis
DIE HEUTIGE AUSGABE ZUM VERTIEFTEN LESEN
"Dumme Sache" (Z+) – Einen Tag vor der Kür von Żaklin Nastić zur Hamburger Spitzenkandidatin des Bündnisses Sahra Wagenknecht verkündet die Partei ihren Rücktritt. Aber der währte nicht lang.
Er weiß, dass er nichts weiß – In Olaf Scholz' Zeit als Hamburger Bürgermeister ging die Stadt mit Steuerkriminellen erstaunlich nachsichtig um. Im Untersuchungsausschuss sagt Scholz dazu: nichts.
Unser Verein (Z+) – Als erster Proficlub gründet der FC St. Pauli eine Genossenschaft. Fußballverrückte Kleinanleger sollen den Bundesligisten entschulden. Kann das klappen?
Endstation Hauptbahnhof (Z+) – Sucht, Armut und Verwahrlosung prägen das Hamburger Bahnhofsviertel. Die Anwohner klagen, die Opposition poltert. Wie schlimm ist die Lage wirklich – und was könnte helfen?
"Man fragt sich schon, wie die Lkw da immer rüberkamen" (Z+) – Nach dem ICE-Unglück in Hamburg mit einem Toten und 25 Verletzten bleiben viele Fragen offen. Etwa, ob der Bahnübergang einfach zu gefährlich ist.
Lassen Sie die Tiefgarage weg, dann wird das Haus schon billiger (Z+) – Ein Drittel weniger Kosten bei Neubauprojekten – das verspricht der Hamburg-Standard, den Hamburger Spitzenpolitiker nun präsentierten. Klappt das wirklich?
"Vom Joggen würde ich in diesen Tagen eher abraten" (Z+) – Die Luftqualität ist in Deutschland gerade außergewöhnlich schlecht. Expertin Ute Dauert vom Umweltbundesamt erklärt den Grund – und was zu tun ist.
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