heute endet unsere Spezialwoche vom Hamburger Winterdom (alle Folgen: hier, hier, hier und hier) und nachzutragen habe ich nur eines: den Verdacht, der Hang zu Überkopf-Karussells könnte doch genetisch bedingt sein.
Es gibt nämlich eine ganze Reihe an Schaustellern, die denselben Familiennamen tragen wie ich. Wir kennen uns nicht, sind nicht direkt verwandt (ich habe das für eine Reportage über das Oktoberfest einmal wirklich recherchiert ) und haben nichts miteinander zu tun. Auf dem Winterdom ist gerade niemand von ihnen. Aber so viele Zinneckers gibt es ja dann doch nicht, als dass man einander nicht auffiele.
Zwei der auffälligsten Zinnecker-Fahrgeschäfte heißen "The Burner" und "King", es sind ähnliche Apparate wie das "Infinity", und immer wieder, wenn sie auf irgendeinem Rummelplatz aufgebaut sind, schickt mir jemand ein Foto der Leuchtschilder: "The Burner Zinnecker" oder "King Zinnecker". Ich reagiere meist mit einem furchtbar schlechten Witz, "Oh, Tante Gertraut! Bitte bestell Grüße", oder ähnliches. Eigentlich aber finde ich die Vorstellung ganz attraktiv, ich besäße so einen Apparat (was, ich sage es nochmal, nicht der Fall ist). Dann säße ich in der Fahrerkabine, würde die Leute in den Kopfstand schicken und ins Mikro Karussellansagen mit Echo, Hall und Soundeffekten machen. Treten Sie ran, es geht wieder los, AB GEHT DIE POST-POST-POST-POST-POST (Gemeinsamkeiten mit dem Job, Newsletter zu schreiben, sind rein zufällig).
Was mich auf dem Winterdom am meisten beeindruckt hat, war übrigens kein Karussell. Sondern wieder einmal die Einsicht, wie viel Anstrengung und Kraft es braucht, um Leichtigkeit herzustellen. Klar, Menschen können fliegen, sogar kopfüber, aber dafür braucht es riesige Maschinen, tonnenschwere Fahrwerke, sehr viel Hydraulik. Ein unfassbarer Aufwand.
Schwere hingegen kommt ganz von allein. Es lohnt sich, das im Kopf zu behalten. Gerade in turbulenten Zeiten.
© ZONNewsletter
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WAS HEUTE WICHTIG IST
© Christian Charisius/dpaBundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird heute zum dritten Mal als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft zum Cum-Ex-Skandal erwartet. Diesmal soll es um Machenschaften der ehemals staatlichen HSH Nordbank gehen. Ursprünglich hatte der Ausschuss nur eine mögliche politische Einflussnahme auf den Steuerfall der in den Skandal verstrickten Hamburger Warburg Bank untersucht. Auf Drängen der Opposition war er Ende 2022 auf weitere Cum-Ex-Fälle erweitert worden. Die damalige Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein hatte sich zwischen 2008 und 2011 in 29 Fällen Kapitalertragsteuern erstatten lassen, die zuvor gar nicht gezahlt worden waren. 2014 habe die HSH Nordbank dann rund 126 Millionen Euro an die Steuerverwaltung zurückgezahlt.
Die Hamburger Hochbahn muss weiter auf ihre fünf bestellten Wasserstoffbusse warten. Eigentlich sollten die fünf Fahrzeuge schon Ende Juni ausgeliefert werden, wie aus einer Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der CDU hervorgeht. Wann die Solobusse vom Hersteller Solaris nun geliefert werden, konnte der Senat nicht sagen.
Im Prozess gegen einen Arzt wegen mutmaßlich falscher Masken-Atteste in der Coronapandemie hat die Hamburger Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung gefordert. Die Anklage wirft dem Arzt vor, zwischen April 2020 und September 2021 in 57 Fällen falsche Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht ausgestellt zu haben. Diagnosen wie "Symptome einer CO2-Vergiftung", "Panikattacken" oder "Asthma bronchiale" soll er teilweise ohne Begründung notiert haben. In einem Fall habe er es unterlassen, eine Patientin durch einen Facharzt für Psychiatrie untersuchen zu lassen. Das Urteil soll am Montag verkündet werden.
In aller Kürze
• Die A7 in Hamburg und der Elbtunnel werden am Wochenende voll gesperrt. Grund sind die Arbeiten zum Ausbau der Autobahn auf acht Spuren • Auf einem Autohausgelände in Hamburg haben vier Autos gebrannt. Die Polizei vermutet Brandstiftung, wie ein Sprecher mitteilte. Anwohner hätten das Feuer in den Abendstunden bemerkt und die Feuerwehr verständigt • Ein Kabelschaden hat die U-Bahn U2 am Donnerstag lahmgelegt. Zwischen Niendorf-Markt und Schlump fuhr für mehrere Stunden keine Bahn mehr
THEMA DES TAGES
© James Estrin/NYT/Redux/LaifShowdown in der Elbphilharmonie
Kommenden Sonntag gastiert der Dirigent John Eliot Gardiner in Hamburg. Das Konzert ist ein Politikum. Warum, lesen Sie im Feuilleton der aktuellen ZEIT, geschrieben von ZEIT-Autorin Christina Rietz. Hier ein Auszug:
"Das Schlimmste in mir kommt während der ersten zehn Minuten nach einem Auftritt heraus", hat der britische Stardirigent John Eliot Gardiner einmal gesagt. Der Auftritt lauge ihn körperlich, mental und spirituell aus – und mache ihn verletzlich. So muss es auch im August 2023 in La Côte Saint André gewesen sein. Sir John Eliot ist mit seinem Chor und einem seiner Orchester angereist, um beim Festival Berlioz die Oper "Les Troyens" aufzuführen. Er befindet sich auf dem Gipfel seines Ruhms. (…)
Dass der 81-Jährige ein heißes Temperament hat und im Umgang mit Musikern Grenzen verletzt, hat er oft zugegeben. Was aber im August 2023 geschah, ist bisher ohne Beispiel. Damit fängt diese Geschichte an. Ihr vorläufiges Ende findet sie jetzt in der Hamburger Elbphilharmonie. Zwei Konzerte treten gegeneinander an. Es kommt zu einem Showdown zwischen jenen, denen die Kunst über alles geht, den eingefleischten Gardiner-Fans – und denen, die sagen, auch Künstler haben eine gesellschaftliche, eine moralische Verantwortung. Zumal wenn sie so berühmt sind wie John Eliot Gardiner.
Am 22. August 2023 läuft es nicht gut. Gardiner versäumt Einsätze, erzählt ein Musiker, der dabei war. Einmal dirigiert er doppelt so langsam, wie es geprobt war, einmal blafft er eine Sopranistin an. Am Ende fordert der Dirigent vom Publikum mit Gesten Standing Ovations. Es folgt die Applausordnung, der junge Solist Will Thomas irrt sich fatalerweise in der Choreografie: Er verlässt die Bühne auf der falschen Seite.
Was kurz danach backstage geschieht, erzählt man sich in leicht unterschiedlichen Versionen. (…)
Im Juli 2024 trennen sich der Monteverdi Choir, die English Baroque Soloists und das Orchestre revolutionnaire et romantique dann endgültig von Gardiner. Und was macht er? Gründet zwei neue Ensembles, nennt sie Constellation Choir und Orchestra. Mit ihnen geht er jetzt im Advent erstmals auf Tour. Das doppelt Pikante daran: Gardiner spielt ein Programm, das eine Woche später auch seine alten Klangkörper in der Elbphilharmonie präsentieren werden, unter dem Dirigenten Christophe Rousset. Ursprünglich hatte natürlich Gardiner seine Klangkörper dirigieren sollen. Es ist ein Clash der Ensembles und Weltanschauungen und ein PR-Coup für die Elbphilharmonie. (…)
Aus Sicht des Publikums scheint der Fall klar zu sein, es hat keine Moral, es hat nur Geschmack: Auf Gardiner will man auch jetzt keinesfalls verzichten. Die Elbphilharmonie ist ausverkauft, und ihr Intendant Christoph Lieben-Seutter sagt, dass er Gardiner erst dann nicht mehr einlüde, wenn etwas Justiziables gegen ihn vorläge.
Wie sich John Eliot Gardiner selbst dazu äußert, was nach dem Konzert im August 2023 backstage geschah und wie Gardiners Musiker darüber denken, lesen Sie in der vollständigen Fassung von Christina Rietz’ Text hier auf ZEIT ONLINE.
DER SATZ
© Arne Bellstorf für DIE ZEIT"Kann TikTok diese unfassbare, global erzeugte Menge an Videos überhaupt moderieren und frei von Propaganda und Missinformationen halten?"
Marcus Bösch, Sozialwissenschaftler an der HAW Hamburg, äußert sich in einem Beitrag von ZEIT-Reporter Götz Hamann über Strategien gegen gezielte Desinformation per Social Media – den ganzen Artikel lesen Sie hier
MAHLZEIT – Die Gastrokritik
Es braucht nicht immer Gans und Knödel um diese Jahreszeit. Ganz beachtlich wärmt auch Schärfe, wie die mexikanische Küche sie hat. Im früheren Marta am Spritzenplatz hat vor einem Vierteljahr die Casita Azul eröffnet, eine muntere Taqueria mit etwas provisorisch wirkender Deko aus bunten Tüchern, Kakteen und Ananaslampen
Man kann hier auch Ceviche essen (mit 17 Euro schon der teuerste Teller). Die ist allerdings ein bisschen lasch – so gut wie gar kein Koriander, wenig Salz und auch kaum Chili; dafür eine verblüffende Menge krosser Maiskörner.
Besser, man hält sich an die Tacos. Da gibt es die Klassiker, die "Specials" und die "Super Specials" von der Tageskarte. Die meisten der weichen Maismehl-Tortillas werden offen serviert, belegt mit knusprigem Schweinebauch oder geschmortem Rind, aber auch mit unerwarteten Zutaten wie Knoblauch-Blumenkohl oder Softshell-Crab. Hier ist die Casita Azul etwas breiter aufgestellt als die Mexikostraße an der Reeperbahn, bis jetzt die Referenz für Tacos in Hamburg.
Man beißt staunend in den gut gegarten Oktopus mit Guacamole, Radieschen und rohen Zwiebeln. Bei den Garnelen staunt man schon etwas weniger, weil die sehr ähnlich schmecken. Ein bisschen mehr Varianz in der Würzung wäre schön. Beim Pollo Adobado verspricht die Karte gleich drei Sorten Chili, die sich aber vor allem durch eine rauchige Note bemerkbar machen. Am weitesten aus dem grauen Dezember befördert einen der vegetarische Taco Puebla. Er ist belegt mit einem Ragout aus Pilzen, Mais und kleinen Stücken vom Nopales-Kaktus. Viel Umami, ein Mundgefühl, das leicht an Maronen erinnert. Dann allerdings setzt sich wieder ein vertrauter Grundgeschmack durch, den man auch mit auf den Heimweg nimmt, falls man nicht dem Tequila zuspricht. Man muss in diesem Lokal nicht viel Schärfe vertragen, aber eine Menge roher Zwiebeln.
Michael Allmaier
La Casita Azul, Spritzenplatz 4, Ottensen, Tel. 89 06 72 16
DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN
In diesen Wochen steigt das Volumen der Paketsendungen wieder rasant – in der Ausstellung "Dein Paket ist da! Shoppen auf Bestellung" widmet sich das Museum der Arbeit diesem gesellschaftlich relevanten Thema. Nicht nur die Geschichte des Versandhandels (Otto-Katalog) und die Demokratisierung des Konsums wird erzählt, sondern es wird auch der Blick auf die "letzte Meile" gerichtet. Den Zustellern und Zustellerinnen kann man in Hörstationen lauschen. Auch die Zukunftsvisionen der Warenzustellung wird in den Blick genommen.
"Dein Paket ist da! Shoppen auf Bestellung", bis 28. April 2025; Museum der Arbeit, Wiesendamm 3. Öffnungszeiten: Mo 10–21 Uhr, Mi–Fr 10–17 Uhr; Sa+So 10–18 Uhr; Weitere Informationen hier
MEINE STADT
Hab’ ihn gesehen! © Barbara GehrungHAMBURGER SCHNACK
In einem Friseursalon in Eilbek werden auch kleine, liebevoll verpackte, selbst gebackene Leckereien wie Schweineohren oder Cantuccini verkauft. Ich: "Wie lange halten die?" Die Mitarbeiterin am Empfang: "Bei mir nicht lange!"
Gehört von Wiebke Neelsen
DIE HEUTIGE AUSGABE ZUM VERTIEFTEN LESEN
Showdown in der Elbphilharmonie (Z+) – Ein Konzertduell in Hamburg und die Frage: Soll man dem Dirigenten John Eliot Gardiner verzeihen, dass er einen Musiker geohrfeigt hat?
Wie filtert TikTok? (Z+) – Videos auf der Plattform sollen die Wahl in Rumänien beeinflusst haben. Bald wählt Deutschland. Kann das soziale Netzwerk die Desinformation bis dahin besiegen?
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