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Homeoffice: Workations sind die neuen Inlandsflüge

Homeoffice: Workations sind die neuen Inlandsflüge

In der Pandemie glaubten wir, das Homeoffice mache Geschäftsreisen überflüssig. Jetzt fliegen Leute zum Arbeiten in die Sonne. Wer das likt, macht sich mitschuldig.

18. März 2023, 6:53 Uhr

Am Meer arbeitet es sich schöner als im Arbeitszimmer zu Hause. Zu den Topzielen der Deutschen gehören dafür Portugal, Fuerteventura und Mallorca. © Trevor Clark/​plainpicture Inhalt Auf einer Seite lesen Inhalt
  1. Seite 1Workations sind die neuen Inlandsflüge

  2. Seite 2Digitale Nomadin kassiert Shitstorm

Mit der Handykamera schwenke ich über die Dachterrasse, nach links auf Tisch und Laptop, nach rechts auf das Meer am Horizont. Dann verschicke ich das Video per WhatsApp. Ich wohne für ein paar Tage in einem Airbnb über den Dächern Thessalonikis. Mal arbeite ich hier oben, mal im Café, und abends gehe ich an der Uferpromenade spazieren. Mit dem Video will ich meinen Freundinnen und Freunden zeigen: Hier arbeite ich, bei Sonnenschein, mit griechischem Kaffee statt im Homeoffice im alltagsgrauen Berlin – wahnsinnig cool, oder?

Mein Thessaloniki-Trip ist noch nicht lange her, es war Frühsommer 2022. Von Urlaubsorten aus arbeiten? Ich fand mein Leben großartig. Ein knappes Jahr später sage ich: Workations sind die neuen Inlandsflüge. Wir sollten sie gesellschaftlich ächten, statt dass wir die Fotos auf Instagram liken und begeistert kommentieren.

Während der Pandemie wurde die Frage nach dem Arbeitsplatz völlig neu ausgehandelt. Zwei, drei Tage Homeoffice pro Woche erlauben die meisten Unternehmen, in denen das möglich ist, ihren Angestellten inzwischen. Andere arbeiten seit dem ersten Lockdown fast ausschließlich von zu Hause aus. Nun hoffte man, Videokonferenzen würden einen Großteil der Geschäftsreisen dauerhaft ersetzen. Gleichzeitig beflügelt die neue Freiheit aber das Arbeiten an Urlaubsorten, auch Workation genannt, eine Mischung aus work und vacation.

Klar: Wenn man remote arbeiten kann, warum sollte man dann zu Hause bleiben, vor allem in den kalten, grauen Wintermonaten?

Auch Airbnb und TUI stellen sich auf diese Kundschaft ein

Die Zahl der sogenannten digitalen Nomaden aus den USA hat sich einer Erhebung aus dem Jahr 2022 zufolge seit 2019 von sieben auf fast 17 Millionen weit mehr als verdoppelt. In einer repräsentativen Onlineumfrage aus dem vergangenen Jahr gab jede fünfte Befragte aus Deutschland an, eine Workation zu planen. Städte, die sich weltweit besonders gut zum Arbeiten eignen, sind laut einem Ranking von Holidu, einer Suchmaschine für Ferienwohnungen: Bangkok, Neu-Delhi, Lissabon, Barcelona und Buenos Aires.

Inzwischen setzen auch die großen Akteure der Reisebranche auf Workations: Airbnb will seine Kunden vermehrt für längere Aufenthalte begeistern. Dafür geht das Unternehmen Partnerschaften mit Initiativen für Standortmarketing ein, die Remote-Arbeit in bestimmten Städten promoten – und vergibt etwa Vergünstigungen für Besuche dort. 

Auch TUI passt sich an: Laut Pressesprecher Aage Dünhaupt ist mit Workations seit der Pandemie für den Konzern ein komplett neues Segment entstanden. Für diese Gäste hat das Unternehmen einige seiner Hotelanlagen nachgerüstet: mit Schreibtischen, Monitoren und schnellerem WLAN. Die drei Topziele bei TUI sind für die Deutschen Portugal, Fuerteventura und Mallorca. Auch die übrigen Balearen und Orte wie Ägypten und die Türkei sind beliebt. Alles Ziele, für die man ins Flugzeug steigt.

Dekadente und elitäre Art des Reisens

Ich habe meine Workation in Griechenland genossen, gleichzeitig hatte ich damals schon erste Gewissensbisse. Je mehr Menschen aus meinem Umfeld vom Ausland aus arbeiteten, je mehr ich mit anderen darüber sprach, desto größer wurden meine Zweifel.

Dann mal wieder so eine Runde unter Freunden: Jemand war gerade von seiner Workation vom Mittelmeer zurückgekehrt. In ein paar Wochen wollte er wieder aufbrechen. Einfach, weil es dort auch im Winter so schön warm ist. Anerkennendes Nicken, alle fanden es toll. Ich sagte nichts, mir kam es aber plötzlich völlig absurd vor, mit welcher Sorglosigkeit alle diesen Lebensstil feierten.

Workations sind eine besonders dekadente und elitäre Form des Sich-gut-gehen-Lassens: Man entflieht dem grauen Winter, gönnt sich ein paar Grad mehr und eine Auszeit vom Alltag. Gleichzeitig heizt man mit seinen Flügen die Klimakrise weiter an. Hin- und Rückflug zwischen Hamburg und Madeira setzen laut Rechner der Klimaschutzorganisation Atmosfair zusammen knapp anderthalb Tonnen Treibhausgase pro Person frei. Das ist die Hälfte des CO₂-Budgets, das jedem Menschen rechnerisch in einem ganzen Jahr zur Verfügung stünde, wenn wir die Klimaerhitzung auf unter zwei Grad begrenzen wollen.

Nur leider ist das Risiko hoch, dass wir in diesem Jahrhundert die Marke von drei Grad reißen. Die Folgen: noch mehr Hitzewellen, noch stärkere Stürme, mehr Waldsterben, Verteilungskämpfe, Hungersnöte, mehr Menschen auf der Flucht.

Fürs Vergnügen jettet man in Länder, in denen die Klimafolgen schon jetzt stark zu spüren sind. Portugal, Spanien, Griechenland – alles Orte, an denen im Sommer verheerende Waldbrände wüten, an denen die Menschen unter Dürren und außergewöhnlichen Hitzewellen leiden. Solche Wetterlagen werden besonders im Mittelmeerraum noch häufiger und intensiver, wie der UN-Klimarat IPCC prognostiziert.


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