Wenn die Infektionen weiter steigen, werden Schulen und Kitas als Erstes geschlossen, fürchtet unser Autor. Ein Plädoyer gegen Wechselmodelle und Distanzunterricht
10. August 2021, 10:50 Uhr
Ihr Browser unterstützt die Wiedergabe von Audio Dateien nicht. Download der Datei als mp3: https://zon-speechbert-production.s3.eu-central-1.amazonaws.com/articles/e5e45e88-4af0-4507-87f8-00bbc47dd921/full_85bed3c732873b29305238da6d9bab925c2b4ad6b5813a8cf086703ea1f5fc0c0522733dce07904553243d0465604289.mp3 764 Kommentare ArtikelzusammenfassungDie Schulen und Kitas stehen vor dem Beginn des neuen Schul- und Kitahalbjahres vor der Herausforderung, die steigenden Inzidenzwerte der anhaltenden Pandemie zu balancieren. Trotz der offenen Büros, Stadien und Kulturveranstaltungen sollen staatliche Institutionen wie Schulen und Kitas mit Distanz- und Wechselmodellen arbeiten. Eltern und Familien sind verunsichert über die unklare Situation und die fehlende Normalität in den Einrichtungen. Die Akzeptanz für weitere Einschränkungen sinkt, und es wird dringend geraten, Schulen und Kitas ohne Präsenzeinschränkungen offen zu halten, um weiteren Vertrauensverlust und Unmut zu vermeiden.
Dies ist ein experimentelles Tool. Die Resultate können unvollständig, veraltet oder sogar falsch sein.Fanden Sie die Zusammenfassung hilfreich?
Send
Diese Audioversion wurde künstlich erzeugt.
Die Audioversion dieses Artikels wurde künstlich erzeugt. Wir entwickeln dieses Angebot stetig weiter und freuen uns über
Ihr Feedback.
Homeoffice plus Kinderbetreuung: Viele Eltern wollen das im neuen Schuljahr nicht mehr erleben müssen. © Cavan Images/plainpictureMan kann es sich ungefähr vorstellen, wie sie sich das alles vorstellen für das nun beginnende Schul- und Kitahalbjahr. Zunächst die Bundes- und Länderebene: Weil sonst alles unantastbar ist, weil die Büros offen bleiben, die Fans ihre Stadien haben und sogar freie Kulturveranstalterinnen und -schaffende nicht mehr schmollen sollen, trifft es in Zukunft noch einmal besonders pointiert staatliche Institutionen, wenn es darum geht, die Inzidenzwerte einer Open-end-Pandemie zu balancieren. Also auch Schulen und Kitas, mit Distanz- und Wechselmodellen. Der Bundesgesundheitsminister hat dem schon zu Beginn des Sommers vorgebaut: "Wir werden nicht völlig ohne Schutzmaßnahmen – seien es Maske, Abstand, Wechselunterricht, Tests – wieder in den Schulbetrieb gehen können." Na, schönen Dank auch.
Das ist das eine – das andere ist, dass die Präsenzbetreuung-muss-ja-nicht-Haltung längst in die einzelnen Einrichtungen hinunterstrahlt. Sicher hat man dort ganz konkrete Nöte, auch weil die Versorgung in Kleingruppen und unter Hygienebedingungen zuletzt aufwendiger war als der Normalbetrieb sonst. Doch dass darüber hinaus nicht mehr selbstverständlich ist, was mal selbstverständlich war: Dieser Eindruck verfestigt sich, seitdem Schulen und Kitas vor den Sommerferien wieder in den "Normalbetrieb" wechselten. Da endet der Unterricht, der eigentlich bis 16 Uhr geht, hier mal um 14 Uhr und dort schon um 12.30 Uhr, da gibt es dringende Bitten, die dadurch stärker belastete Anschluss- und Hortbetreuung möglichst wenig in Anspruch zu nehmen. Da fallen pandemiebedingt Kitasommerfeste flach, die Schließtage, die eigentlich deren Vorbereitung dienen sollten, werden aber aus betriebsinternen Gründen beibehalten. Und das nach all dem Ausfall in all den Monaten, all den Überstunden und Kinderkranktagen der betroffenen Eltern. Nicht zuletzt: nach all der Arbeit, die oft deren kinderlose Kolleginnen übernommen haben. Zunächst ohne, zuletzt mit immer mehr Murren.
Irgendwie scheint überall die denkbar falscheste Botschaft aus dem Pandemiejahr in Schulen und Kitas angekommen zu sein – nämlich dass es (zumal mit den neuen Homeofficemöglichkeiten) immer auch anders geht für eine kritische Masse von Eltern und Familien. "Wenn es irgendwie möglich ist" ist dabei die Formulierung der Wahl, auf Infozetteln und in WhatsApp-Nachrichten, und natürlich ist es zum Beispiel im Homeoffice immer irgendwie möglich, einen einerseits einsamen und andererseits kollegialen Sechsjährigen halbtags bei Lego, Büchern, Hörspielen und schließlich doch vor dem Fernseher zu parken. Es summiert sich aber, nicht zuletzt zu einem großen Unbehagen mit der Frage: Warum immer die Kinder? Und, von deren Bildungs- und Sozialleben mal ganz abgesehen: Warum immer wir Eltern?
PandemieDas Beste aus Z+
Z+ (abopflichtiger Inhalt); Corona-Infektion bei Kindern: Wie Kinder geschützt werden könnenPolitiker und ältere Mitbürgerinnen können nun jeweils finden, dass sich alle mal nicht so anstellen sollen. Wozu hat man schließlich Kinder. Und Lehrerinnen und Erzieher können bemerken, dass es auch früher schon Ausnahmen vom regulären Tages- und Wochenablauf gegeben hat. Sie sollten aber damit rechnen, dass neben vielen Schülerinnen auch die Eltern mehrheitlich mit großem Unverständnis oder gar fehlender Einsicht reagieren werden, sollte irgendjemand dem normalen Präsenzmodus nur ansatzweise noch einmal wie im vergangenen Schuljahr zu Leibe rücken wollen. Alle haben diesen Sommer erlebt, alle haben gesehen, was politisch und gesellschaftlich getan und was nicht getan wurde, um die Delta-Welle in den Griff zu kriegen und Institutionen pandemiegerecht umzubauen. Und um es mal diplomatisch zu formulieren: Motivierend, die eigenen Interessen noch einmal hintanzustellen, war das für einen Großteil der Eltern in diesem Land gewiss nicht.
Die Akzeptanz sinktSicher wird es nun solche Eltern geben, die aus Angst vor Long Covid die Präsenz(-pflicht) weiter kritisch sehen und sie deshalb auch nicht einfordern. Und es gibt auch nach wie vor chronisch kranke Kinder, für die sie akut gefährlich ist. Letzteres ist ein Trauerspiel, für das sich aber viele Eltern anderer Kinder, die bis hierhin solidarisch und sensibel agiert haben, immer weniger verantwortlich fühlen. "Was empfindet jemand, der in Vorleistung gegangen ist, wenn die Säumigen mit positiven Anreizen auch noch belohnt werden?", fragte zuletzt die Philosophin Sabine Döring in einem Interview zum Thema Impfpflicht. Aus der Sicht derjenigen Eltern, die sich im Verlauf der Pandemie aus einem Verantwortungsgefühl heraus (zu) lange von Schulen und Kitas ferngehalten haben, obwohl sie vielleicht sogar Anrecht auf Notbetreuung gehabt hätten, lässt sich wohl sagen: nicht mehr viel.
© ZEIT ONLINENewsletter
ZEIT GeldkursTschüss, Finanzchaos: In acht Wochen erklären wir Schritt für Schritt, wie Sie bessere Geldroutinen aufbauen und das mit den ETFs endlich angehen. Anschließend erhalten Sie unseren Geld-Newsletter mit den besten Artikeln rund um Finanzen.
Mit Ihrer Registrierung nehmen Sie die Datenschutzerklärung zur Kenntnis.
Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt.Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement.
Ebenso dürfte die individuelle Abwägung der – schreckliches Wort – Lebensrisiken in vielen Fällen dahin gehen, die Long-Covid-Gefahr des eigenen Kindes zu tragen wie diejenige, dass es Opfer eines Verkehrsunfalls wird. Die Eltern selbst sowie die Großeltern sind ja geimpft und die Gefahr für die meisten Kinder, schwer und dauerhaft an dem Virus zu erkranken, ist vergleichsweise gering.
Coronavirus - Was Long Covid so tückisch macht Schmerz, Hirnnebel, Erschöpfung: Monate nach ihrer Covid-Erkrankung leiden Hunderttausende an Symptomen. Was Long Covid ist, wen es trifft und was hilft. Aus dem Archiv VerlagsangebotDies soll nun diese Haltungen weder gutheißen noch verdammen, es gibt sie aber, vielleicht mehr, als man angesichts der relativen Ruhe im Land denkt. Und vor ihrem Hintergrund ist auch allen Verantwortlichen auf allen Ebenen zu raten: Wagt es nicht! Wagt es nicht, noch mal alles dichtzumachen. Wagt es nicht, auch nur einen Zweifel an einer stabilen Normalität in Schulen und Kitas aufkommen zu lassen, solange nicht auch der Rest des Landes komplett runterfährt.
Andernfalls wird es zwar keinen Aufstand geben – Elternschaften sind schlecht organisiert und ihre Druckmittel mutmaßlich gering. Die Wirtschaft lief im vergangenen Jahr trotz Homeschooling vergleichsweise gut und die vereinzelten Drohungen mit "Generalstreik" wirken im gesellschaftlichen Ganzen doch eher possierlich. Politikerinnen wissen das, natürlich. Es wird aber weiteren Vertrauensverlust geben, Verständnislosigkeit gegenüber institutionellem Handeln, kurz: Überdruss, der sich dann andere Ventile sucht, eventuell Elitenhass und Querdenkerei. Auch ohne das gilt: Der Staat muss verständlich bleiben und in irgendeiner Form wahrnehmbar gerecht. Schulen und Kitas muss er deshalb ab jetzt unbedingt offen halten. Ohne Einschränkungen bei den Präsenzzeiten.
Leserkommentar Original-Kommentar anzeigenIch stimme absolut zu. Kinder und Jugendliche sind neben den Pflegebedürftigen die Bevölkerungsgruppe, deren Rechte durch die Corona-Maßnahmen am massivsten beschnitten wurden und die darunter am stärksten gelitten haben. Jedes Elternteil, die Lehrenden, die Erziehenden und die Großeltern können sich impfen lassen. Eine Rückkehr zu Homeschooling und Wechselunterricht lässt sich nicht rechtfertigen.
RetroSearch is an open source project built by @garambo | Open a GitHub Issue
Search and Browse the WWW like it's 1997 | Search results from DuckDuckGo
HTML:
3.2
| Encoding:
UTF-8
| Version:
0.7.3