Wie die Trump-Regierung die amerikanischen Universitäten unterwerfen will – und wie die Hochschulen sich wehren können
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© Ricardo Rey für DIE ZEIT Inhalt Auf einer Seite lesen InhaltSeite 1Angriff auf den Geist
Jan-Werner Müller lehrt Politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Princeton. Sein bekanntestes Buch, "Was ist Populismus? Ein Essay" (2016), wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und ist ein Klassiker der Gegenwartsdiagnose.
Als der Präsident meiner Hochschule, der Universität Princeton, im März an prominenter Stelle einen Warnruf publizierte, atmeten viele in der Fakultät auf. An anderen Unis verfassten Professoren vergeblich Petitionen, um ihre Leitung zu einer klaren Stellungnahme gegen das Vorgehen der Trump-Regierung zu bewegen; die Columbia-Universität war bereits bei offensichtlich illegalen Forderungen eingeknickt. Chris Eisgruber, unser Präsident, sagte nun klar und deutlich, man müsse sich gegen den gravierendsten Angriff auf Wissenschaftsfreiheit seit der Ära des fanatischen Kommunistenjägers Joseph McCarthy wehren. Kurze Zeit später wurden 210 Millionen Dollar an bundesstaatlichen Mitteln für Princeton auf Eis gelegt.
Es ist nicht überraschend, dass Autokraten in spe versuchen, sich Hochschulen gefügig zu machen: Universitäten sind verlässliche Quellen von Informationen und Expertise; sie fördern kritisches Denken; sie konzentrieren an einem Ort junge Menschen, die oft empörungswilliger sind als ältere Generationen. Allerdings versuchen Autokraten im 21. Jahrhundert stets, einen Schein von Legalität zu wahren: Das Gesetz, mit dem die Vertreibung der Central European University (CEU) aus Viktor Orbáns Ungarn eingeleitet wurde, sah auf den ersten Blick neutral, gar vernünftig aus. Erst bei genauerem Hinsehen wurde klar, dass es sich um eine Lex CEU handelte: Es war auf einen einzigen Fall zugeschnitten.
Juristen bezeichnen diese Strategie als "autokratischen Legalismus" – und der wird auch von der Trump-Regierung praktiziert. Aber sie geht darüber hinaus: Ihr Handeln ähnelt immer häufiger dem für Trump über Jahrzehnte typischen Geschäftsgebaren, nach dem Motto: Tu etwas offensichtlich Illegales; schau, ob die anderen einknicken oder klagen. Vielleicht kann man sich ja außergerichtlich einigen und dabei einen Gewinn einstreichen. Wer wie ich in New Jersey lebt und ab und zu mit Handwerkern, die auch in Atlantic City arbeiten, ins Gespräch kommt, hört Geschichten darüber, wie die, dass Trump als Casinobesitzer sie einfach nicht bezahlt habe.
© Lea DohleNewsletter
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Nun geht es bei den Universitäten nicht um Profit (obwohl die Columbia-Universität auch Mieterin einer Trump-Immobilie ist und 2,5 Millionen Dollar pro Jahr an den Präsidenten überweist). Vielmehr geht es um Einschüchterung etwaiger oppositioneller Akteure und um die schiere Machtdemonstration im Stile eines Mafiabosses oder auch Pausenhof-Bullys. Alle haben bei einem gezielten Angriff erst mal Grund, sich wegzuducken. Wie bei jeder Willkürherrschaft weiß niemand, wen die Regierung sich als nächsten vorknöpft.
Da Gelder einfach eingefroren werden, ohne vorherige Untersuchung der Zustände auf einem Campus und ohne konkrete Gründe jenseits des Pauschalverdachts, die Universitäten tolerierten Antisemitismus, kann man sich auch nicht mit Gegenargumenten und -beweisen wehren. Besonders pervers ist zudem, dass der Vorwand, man wolle jüdische Studierende schützen, die Bürgerrechtsgesetzgebung aus den 1960er- und 1970er-Jahren instrumentalisiert – eine Errungenschaft, mit der eine Regierung, die systematisch Bilder und Bücher von Afroamerikanern und Frauen aus ihren Gebäuden und Beständen entfernt, offensichtlich sonst wenig am Hut hat. Columbia hat schmerzlich erfahren müssen, dass auch, wer Wissenschaftsfreiheit und eine Interims-Präsidentin opfert, deswegen noch nicht wieder Geld für medizinische Forschung bekommt.
Dieser Artikel stammt aus der ZEIT Nr. 17/2025. Hier können Sie die gesamte Ausgabe lesen. Ausgabe entdeckenEs werden also Prozeduren missachtet, die für die Rechtsstaatlichkeit essenziell sind. Aber nicht nur dies: Es liegt gar nicht in der Kompetenz des Präsidenten, Gelder, die bereits vom Kongress bewilligt wurden, nach Belieben zurückzuhalten (oder gar für politische Erpressung zu zweckentfremden). Gerade Konservative, die sich normalerweise in Verfassungsverehrung nicht übertreffen lassen wollen, hätten allen Grund, diesen eklatanten Angriff auf die Gewaltenteilung zu verurteilen. Wenn sie mit Trump in der Sache übereinstimmten, könnten sie immer noch Gesetze beschließen, wonach Krebsforschung nicht mehr staatlich gefördert wird. Aber bekanntlich hat Trump seine Partei in eine Art Persönlichkeitskult umgeformt; viele Abgeordnete flüstern hinter verschlossenen Türen, sie hätten Angst um die Sicherheit ihrer Familien, sollten sie bei Trump (oder auch Elon Musk) in Ungnade fallen.
Nun heißt es bisweilen, die Universitäten seien ja auch irgendwie selbst schuld – hätten sie es doch mit dem ganzen woken Schmus zu weit getrieben; da könne eine legitime Gegenbewegung nicht ausbleiben. Dass es extrem dogmatische linke Professoren gibt, dass manche in Univerwaltungen heuchlerisch erscheinen, wenn sie eifrig alle möglichen Minderheiten-Flaggen hissen, aber gleichzeitig kräftig Studiengebühren erhöhen – geschenkt. Doch ist die Handvoll Anekdoten über woke Exzesse, an die sich jeder immer ganz schnell erinnert und die in zahlreichen Kolumnen recycelt werden, repräsentativ?
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