Dank Auto und Atom – die FDP verspürt Aufwind. Und einige Jüngere in der Partei wollen das "Vulgärliberale" abschütteln.
Artikel aus DIE ZEIT Veröffentlicht am
Erschienen in DIE ZEIT Nr. 17/2023
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Inhalt Auf einer Seite lesen InhaltSeite 1Meinen die es ernst?
Die FDP befindet sich in einer schwindelerregenden Lage. Einerseits wirkt ihr Sturzflug seit Regierungsantritt in der Ampel unaufhaltsam. Die Umfragen bewegen sich nie sehr weit von der Todeszone der fünf Prozent weg. In wenigen Wochen wird sie ziemlich sicher den Einzug in die Bremer Bürgerschaft verpassen – die sechste Niederlage in Folge. Und haben nicht Enthüllungen über die SMS-Nachrichten des Springer-Chefs Mathias Döpfner, der seine Bild-Redaktionen heftigst zur Unterstützung der Liberalen drängte, die FDP ein weiteres Mal als Partei der Besserverdienenden, Fossilisten und Klimaleugner entlarvt?
Andererseits haben die Liberalen zuletzt in sehr grundsätzlichen Fragen die Stimmung in einer Weise getroffen, an die sie selbst schon kaum mehr glauben mochten. In Sachen Auto, Atomkraft und Heizung brummte ihnen in Umfragen ein lautes Ja entgegen. Mehrheiten von über 50 Prozent in diesen Fragen waren demnach locker drin; vermutlich nicht alles Porschefahrer. Die FDP überzeugte – aber gewählt wird sie deshalb noch lange nicht. Mit jedem Spruch vom "Klima-Blabla" (Volker Wissing) oder von der "Gratismentalität" (Christian Lindner) nährt sie das Misstrauen: Die meinen es nicht ernst. Die sind nicht winterfest.
Dieser Artikel stammt aus der ZEIT Nr. 17/2023. Hier können Sie die gesamte Ausgabe lesen. Ausgabe entdeckenIn der FDP hinter Christian Lindner haben sich nun einige aufgemacht, diesen Hautgout des "Vulgärliberalen" aus den Kleidern zu schütteln – auch indem sie mit ihrer Vita dafür haften.
Dabei haben sich die beiden Bundestagsabgeordneten und FDP-Spitzenpolitiker Konstantin Kuhle und Johannes Vogel besonders hervorgetan. Ihre beiden Namen fallen, wenn die Frage aufkommt, wer denn eines Tages auf Lindner folgen könnte. Ein neuer gemeinsamer Podcast heißt forsch "Zukunft", denn die sei "besser als ihr Ruf". Erster Gast: die frühere SPD-Vorsitzende und Chefin der Bundesanstalt für Arbeit Andrea Nahles. Erstes Gesprächsthema: eine moderne Migrationspolitik.
© Lea DohleNewsletter
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Das riecht nach etwas, was in der FDP von heute keinesfalls beim Namen genannt werden darf: sozialliberal. Es ist in der Partei längst zum Schimpfwort geworden – zu staatstragend, zu links, zu gestrig. Drei Jahre lang, so berichtet Vogel, habe er es deshalb nicht gewagt, sich für den Mindestlohn auszusprechen, obwohl er ihn für eine vernünftige Idee hält.
"Die FDP ist zu klein, um sich in Flügel wie die 'Sozialliberalen' zu zerlegen", meint Konstantin Kuhle. "Das Etikett wird mir gelegentlich von außen angeklebt", er mache sich das ungern zu eigen. "Es stimmt: Ich bin auch deshalb in der FDP, weil sie über eine starke Bürgerrechtstradition verfügt, die durch Politiker wie Gerhart Baum verkörpert wird." Aber das sei nicht links, sondern liberale Mitte, wie zum Beispiel auch Marco Buschmann, der Justizminister, den sicher noch niemand einen Linken genannt hat. Hätte Kuhle als linker Renegat gegolten, wäre er kürzlich wohl kaum zum niedersächsischen Landesvorsitzenden der FDP gewählt worden.
Der 34-jährige Jurist und Innenpolitiker Konstantin Kuhle – Sohn eines Kapitäns, der mit 13 von der Schule abgegangen und von da an zur See gefahren war – tritt in seinem Göttinger Wahlkreis gegen den Grünen Jürgen Trittin an. Zu den Grünen wollte der 1989 Geborene als Jugendlicher auf keinen Fall, die waren ihm zu alt, das waren eher seine Gemeinschaftskundelehrer. Guido Westerwelle hingegen – der sei immer zwanzig Jahre jünger gewesen als alle anderen. Ob es auch eine Rolle gespielt habe, dass Westerwelle – wie Kuhle – offen schwul war? Unterbewusst könne das so sein, sagt der Abgeordnete. Aber es sei eben auch liberal, Leute nicht auf ein Identitätsmerkmal festzulegen. Schwulsein ist nicht abendfüllend, wie der Autor Max Goldt sagte. Kuhle will weder zu den Leuten gehören, die den ganzen Tag über Unisex-Toiletten reden – noch zu denen, die den ganzen Tag über Leute reden, die den ganzen Tag über Unisex-Toiletten reden. Trans-Rechte seien genauso wichtig wie E-Fuels oder Bürokratieabbau, auch wenn nur eine winzige Minderheit betroffen ist. Es sei unter der Regierung von CDU/CSU nun einmal vieles liegen geblieben, um das man sich jetzt zu kümmern habe, auch wenn es manchmal nur wenige Menschen betreffe. Der gesellschaftlichen Mitte sei "die Komplexität der Welt schon zuzumuten".
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