Sie war der Skandal des Jahres 1972: Die Tänzerin Beatrice Cordua tanzte in John Neumeiers Inszenierung von "Le sacre du printemps" – splitternackt. Heute sieht sie sich Sasha Waltz’ Inszenierung des Balletts an und ist fassungslos.
Artikel aus DIE ZEIT Erschienen in DIE ZEIT Nr. 44/2013
Das Erste, was sie sagt, als sie den Zuschauerraum der Brüsseler Oper La Monnaie betritt: "Hier habe ich auch schon getanzt." Dieser wehmütige Tänzersatz. Beatrice Cordua war Erste Solistin bei John Neumeier, sie hat ihr Leben auf der Bühne verbracht. Und der Tanz hat sie nicht losgelassen, das ist zu spüren, als sie in den Reihen mit den roten Samtsesseln steht, klein und elegant, energisch und ein bisschen aufgeregt.
Beatrice Cordua ist wegen Strawinsky hier. Le sacre du printemps, dieses Jahrhundertballett, mit einer Partitur, in der die Rhythmen wüten, klang, als es 1913 in Paris uraufgeführt wurde, so archaisch und so modern wie kein anderes Ballett zuvor. Vaslav Nijinsky machte dazu eine Choreografie mit stampfenden Bewegungen, verkrümmter Körperhaltung und einwärts gedrehten Füßen. Das Pariser Publikum war außer sich. Als John Neumeier das Werk 1972 in Frankfurt choreografierte, tanzte Beatrice Cordua das Solo zum Schluss. Das Mädchen, das den Göttern geopfert wird, das sich zu Tode tanzt.
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