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Warum die Bundeswehr für den Ernstfall schlecht gerüstet ist

Drohnen kommen im russischen Krieg gegen die Ukraine massenhaft zum Einsatz – und werden auch die Konflikte der Zukunft prägen. Und die Bundeswehr Deutschland? Sie steht vor einer großen Aufgabe.

Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Fabian Busch sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über

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Die Zahl sagt eine Menge. 4,5 Millionen Drohnen will die ukrainische Armee in diesem Jahr erwerben – fast alle davon von Herstellern im eigenen Land. Im Verteidigungskrieg gegen Russland spielen Drohnen für beide Seiten eine zentrale Rolle. Man habe schlicht "kein Recht", dem Feind auf dem Feld der technologischen Kriegsführung hinterherzuhinken, sagte der ukrainische General Oleksandr Syrskyi vor Kurzem der Nachrichtenagentur Reuters.

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Der russische Krieg gegen die Ukraine hält Europa seit mehr als drei Jahren in Atem. Ganz nüchtern betrachtet ist er auch ein wichtiges Studienobjekt für Militärs, Wissenschaftler und Rüstungsunternehmen: Das Geschehen in der Ukraine zeigt, wie sich ein großer Krieg der Gegenwart abspielt – und wie die Kriege der Zukunft aussehen werden. Dass wir auf eine Zukunft ohne Kriege hoffen können, erscheint aus heutiger Sicht leider unwahrscheinlich.

Eine Entwicklung, die nicht mehr zurückzudrehen ist

Mehrere Tausend Drohnen verliert die Ukraine jeden Tag. Auf russischer Seite dürfte es ähnlich aussehen. Auch das macht deutlich, wie sehr die unbemannten Flugobjekte diesen Krieg prägen. Sie werden zur Aufklärung eingesetzt, sie transportieren aber auch Sprengladungen ins Gebiet des Feindes.

"Massenhaft verfügbare Drohnen haben in der Ukraine ihre Wirksamkeit bewiesen. Sie sind kostengünstig und können auf relativ einfache Art und Weise bewaffnet werden", sagt Andreas Rapp unserer Redaktion. Er ist wissenschaftlicher Referent am "German Institute for Defence and Strategic Studies", der Denkfabrik der Bundeswehr.

"Diese Entwicklung wird nicht mehr zurückzudrehen sein", sagt Rapp. "Die Drohne wird uns überall auf der Welt in Konflikten und Kriegen begegnen – auch bei nichtstaatlichen Akteuren." Auch Terrorgruppen operieren inzwischen mit unbemannten Flugobjekten.

Bundeswehr: Von einer Drohnenarmee weit entfernt

Wie ist Deutschland für diese Entwicklung gerüstet? Es ist nicht so, dass die Bundeswehr gar keine Erfahrung mit Drohnen hätte. Sie hat sie zum Beispiel in Afghanistan und Mali zur Überwachung ihrer Standorte eingesetzt. Wie viele Drohnen genau die Truppe im Gebrauch hat, will das Bundesverteidigungsministerium aus Geheimhaltungsgründen nicht mitteilen. Der Reservistenverband listete im Herbst 2024 einen Bestand von 618 Stück auf. Fast alle davon sind Geräte zur Überwachung. Seit rund einem Jahr und nach jahrelangen politischen Diskussionen verfügt die Bundeswehr auch über die Drohne Heron TP, die bewaffnet werden kann. Allerdings: Wir sprechen hier von gerade einmal fünf Exemplaren.

"Eine Lehre aus der Ukraine ist: Jeder Soldat muss künftig Drohnen bedienen können."

Sven Weizenegger

Klar ist damit: Die Zahl der Drohnen ist im Vergleich zu anderen Armeen verschwindend gering. Der Nachholbedarf ist also groß und unstrittig – nicht nur was die Stückzahl angeht. "Eine Lehre aus der Ukraine ist: Jeder Soldat muss künftig Drohnen bedienen können", sagt Sven Weizenegger unserer Redaktion. Er leitet das "Cyber Innovation Hub" der Bundeswehr in Berlin, eine Art Innovationsagentur der Truppe. Drohnen zu steuern, könne in Zukunft nicht mehr nur die Aufgabe von Spezialisten sein, sagt Weizenegger. Deswegen muss die Bedienung möglichst einfach sein."

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl machte im vergangenen Jahr bei dem Thema Druck: Im Falle eines von Drohnen geprägten Angriffskrieges, wie ihn die Ukraine gerade erlebt, könne Deutschland gerade einmal zwei Tage lang mithalten, sagte er im Bundestag. Auch eine effektive Drohnenabwehr gebe es nicht. "Drohnen werden die dominierende Form der Kriegsführung sein, das muss die Bundeswehr entsprechend trainieren. Bisher spielen Drohnen in den Taktiken aber keine Rolle", sagt Brandl unserer Redaktion.

Drohnen können schnell veraltet sein

Das Bundesverteidigungsministerium tritt dem Eindruck entgegen, die Truppe hinke bei dem Thema weit hinterher. "Drohnen stellen eine militärische Schlüsselfähigkeit dar und sind für die Bundeswehr kein neues Mittel, sondern schon seit Jahrzehnten etabliert", teilt ein Sprecher auf Anfrage unserer Redaktion mit. Der Umgang mit Drohnen und ihre Abwehr fließe in die Ausbildung ein. "Es wurden bereits zahlreiche Drohnenbedienerinnen und -bediener in der Bundeswehr ausgebildet."

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat Ende 2023 eine "Task Force" zum Thema eingesetzt, die ihre Arbeit schon ein Jahr später beendete. Die Arbeit wurde danach in die Struktur des Ministeriums integriert und läuft dort weiter.

Da sich die Technik ständig weiterentwickelt, ist es nicht damit getan, einmal einen großen Schwung Drohnen zu bestellen und einzulagern. Denn ein Gerät von heute kann in kurzer Zeit schon wieder veraltet sein. Das zeigt das Beispiel der türkischen Bayraktar-Drohne: Sie spielte zu Beginn des Ukraine-Krieges eine große Rolle, ist aber inzwischen kaum noch im Einsatz – weil sie so groß und schwer ist, dass sie der Flugabwehr leicht zum Opfer fällt.

Vieles müsste im Ernstfall schneller gehen als bisher. "Im Grunde braucht eine Armee heutzutage einen direkten Kanal vom Gefechtsfeld zu den Unternehmen. Dafür sind die Beschaffungsprozesse der Bundeswehr aber leider nicht ausgerichtet", sagt CSU-Politiker Brandl. Daran kann er nun selbst etwas ändern: CDU, CSU und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, Zukunftstechnologien wie Drohnen in der Bundeswehr verstärkt zu fördern, die Beschaffung zu beschleunigen und den Austausch mit Start-ups, Industrie und Forschung zu vertiefen.

Dieses Versprechen haben auch schon andere Regierungen gegeben. Aber der Problemdruck ist in den Jahren enorm gewachsen.

Noch keine Erlaubnis zum Abschuss

Auch bei der Abwehr von Drohnen ist Deutschland bisher schwach aufgestellt. Die "Heeresflugabwehr" war bis 2012 dafür zuständig, feindliche Flugkörper abzuwehren. Dann wurde sie abgeschafft, weil bis zur russischen Aggression gegen die Ukraine offenbar niemand mehr an eine Bedrohung glaubte. Nun soll sie wieder aufgebaut werden.

Schon jetzt kommt es vor, dass verdächtige Flugobjekte über Bundeswehr-Flughäfen oder anderen Einrichtungen schwirren. Bisher haben Sicherheitskräfte aber keine gesetzliche Erlaubnis, Drohnen abzuschießen. Die rot-grüne Minderheitsregierung wollte das Anfang des Jahres mit einer Änderung des Luftsicherheitsgesetzes noch ändern – doch die Neuwahl des Bundestags kam dazwischen.

Die Bundeswehr brauche dringend eine Rechtsgrundlage, um verdächtige Drohnen im Bedrohungsfall abschießen zu können – das sieht auch CSU-Politiker Brandl so. "Wir werden uns das in der schwarz-roten Koalition auf jeden Fall anschauen. Es braucht so eine Rechtsgrundlage, sonst machen wir uns lächerlich", sagt er.

Drohnen verändern den Krieg – aber er bleibt grausam

Auch in Deutschland wird an Ideen getüftelt. Im Cyber Innovation Hub der Bundeswehr entsteht zum Beispiel ein lasergestütztes Schießtraining für die Abwehr von Drohnen mit einer Handwaffe. Oder die Interceptor-Drohne: Sie stammt aus dem 3D-Drucker und kann mithilfe künstlicher Intelligenz feindliche Drohnen ansteuern und durch eine Kollision ausschalten.

Hub-Leiter Sven Weizenegger sieht in der immer stärkeren Vernetzung von Hardware und Software ein zentrales Merkmal der Kriege der Gegenwart. Wenn eine Armee ihre Fähigkeiten vergrößere, liege das inzwischen meistens an Innovationen im Bereich der Software. Der zunehmende Einsatz von Drohnen hat nach seiner Einschätzung von Weizenegger einen Vorteil: "Kaputte Hardware ist besser als ein verletzter Soldat. Technologie kann helfen, die Zahl der Opfer im Krieg zu reduzieren", sagt er.

Allerdings ist ein Krieg der Geräte und Software ganz ohne menschliche Opfer ebenfalls in weiter Ferne. Auch das zeigt das Beispiel der Ukraine. Dort mögen massenhaft Drohnen zum Einsatz kommen. Doch dort scheint gleichzeitig der Erste Weltkrieg zurückkehren, mit seinen Schützengräbern und zermürbenden Stellungskämpfen.

"Für einen Aggressor ist es immer noch sehr wirkungsvoll, ein Gebäude zu zerstören", sagt auch Sven Weizenegger. Die Frage laute aber: Wie erlangt man die Hoheit, dass es dazu gar nicht erst kommt? "Es geht darum, Abstand zum Feind zu halten. Dazu braucht man Artillerie, und dazu braucht man Drohnen."

Verwendete Quellen

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