Wie einst die NPD versendet nun auch die AfD Flyer, die „Abschiebetickets“ imitieren. Befürworter*innen eines Parteiverbots sehen sich bestärkt.
AfD-Werbebotschaft: geschmacklos und möglicherweise relevant für einen Verbotsantrag Foto: afd karlsruheBerlin taz | Eine groteske Wahlaktion der AfD in Karlsruhe sorgt für massive Kritik und erneute Forderungen nach einem Verbot der Partei. Zwei AfD-Ortsverbände hatten als „Abschiebeticket“ deklarierte Flyer verschickt, die Flugtickets imitieren sollen. Ob die Tickets gezielt an Menschen mit Migrationshintergrund geschickt wurden oder an alle Einwohner*innen, ist noch unklar.
Der ehemalige Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), sagte der taz: „Was muss eigentlich noch passieren?“ Wanderwitz gilt schon länger als bedeutender Befürworter eines Parteiverbots und spielt eine Schlüsselrolle beim Versuch, das dafür nötige Verfahren einzuleiten. Einen entsprechenden Antrag hatten rund 100 Abgeordnete im November an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) übergeben.
Wanderwitz sagte weiter, die AfD sei „offenkundig rechtsextrem“ und die Flugticket-Aktion nur das jüngste Beispiel für eine sich immer weiter drehende „Radikalisierungsspirale“, in der die Partei sich befinde. Ein Jahr nach den Enthüllungen über das Geheimtreffen in Potsdam setze die AfD ganz offen auf Remigration als Wahlkampfthema. Und er erinnert: „Die verantwortlichen Kreisverbände gehören zum Landesverband der AfD-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, Alice Weidel.“
Auch die innenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Martina Renner, machte im Gespräch mit der taz erneut Druck für ein Verbotsverfahren: „Wir brauchen keine weiteren Belege dafür, dass die AfD gefährlich ist. Wir brauchen einen Bundestag, der handelt und eine Überprüfung beim Bundesverfassungsgericht beantragt.“ Mit der Flugticket-Aktion unterstreiche die Partei einmal mehr, „dass sie mit dem Schlagwort Remigration ganz gezielt die Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund meint“. Es gehe auch schlicht darum, die Empfänger*innen der Fake-Tickets „in Angst und Schrecken“ zu versetzen.
Renner betonte zudem: „Die AfD stellt sich mit der Aktion ganz offen in die Tradition der NPD.“ Die rechtsextreme Partei, die inzwischen den Namen NPD abgelegt hat und sich „Die Heimat“ nennt, hatte 2011 eine ähnliche Aktion in Berlin gestartet. Auch sie verteilte damals Fake-Flugtickets, um für die Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund zu werben. Auch die Anhänger von Adolf Hitlers NSDAP hatten in den 1920er und 30er Jahren schon ähnliche Broschüren und Sticker verwendet. Sie verteilten vermeintliche Bahntickets nach Jerusalem an Juden*Jüdinnen.
Die AfD Karlsruhe weist die Vorwürfe von sich, die Idee von der NPD übernommen zu haben, und schreibt im Netz von „zur aktuellen Gesetzeslage und zum Grundgesetz (…) völlig konformen Forderungen“. Die Polizei Karlsruhe hat indes erste Ermittlungen zu der Aktion aufgenommen. Es werde wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt, sagte ein Sprecher am Dienstag. Der Kandidat der Linken für die Bundestagswahl in Karslruhe, Marcel Bauer, hatte bereits am Montag Anzeige gegen den AfD-Kreisverband erstattet.
Aktualisiert und ergänzt am 15.01.2024 um 10: 45 Uhr. d. R.
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